St. Galler Tagblatt | Gossau:
Helene Mäder reiste nach Kuba: Gepäck mit Malutensilien und Kleidern kam nie an.
Helene Mäder bereitet die Ausstellung «Habana Libre» in ihrem Atelier vor. Vernissage ist am Freitag.
Die Gossauer Künstlerin Helene Mäder reiste für zwei Monate nach Havanna-Vieja, um ein neues Stück Welt kennenzulernen und Impressionen auf Leinwand festzuhalten. Es war ein abenteuerlicher Aufenthalt.
Rita Bolt
Wer sich Havanna vorstellt, der sieht eine alte Stadt mit viel Charme, in der die Freiheit grenzenlos ist, in der fröhliche Menschen in bunten Kleidern tanzen und Lebensfreude ausstrahlen. Etwa so hat sich auch die Gossauer Kunstschaffende Helene Mäder Havanna, die Hauptstadt Kubas, vorgestellt. Inspiriert, nach Havanna zu reisen und dort zu malen, habe sie auch der Film «Havanna Blues», sagt Helene Mäder. «Es liegt eine Melancholie über dieser Stadt.» Die Menschen seien Gefangene im eigenen Land. Dennoch seien sie und die Stadt Havanna faszinierend. «Ich habe wunderschöne Erlebnisse mit Menschen gehabt», sagt die Kunstschaffende. Und sie werde wieder in diese Stadt mit über zwei Millionen Einwohnern reisen – auch wenn die erste Reise abenteuerlich gewesen sei.
Schlange stehen
Die Gossauerin hatte die ersten zwei Wochen ihres Aufenthaltes in Havanna-Vieja damit verbracht, Malutensilien und Kleider zusammenzukaufen. Denn ihr Koffer, in dem Papier, Farben, Pinsel und ihre Habseligkeiten waren, kam nie in Havanna an. Also sei sie da gestanden, nur mit dem Handgepäck. Und wer nun glaube, man könne einfach in das nächste Warenhaus gehen und neue Sachen kaufen, der irre sich. «Ich musste beispielsweise Schlange stehen um Unterwäsche einzukaufen.» Mehr als 20 Minuten habe sie warten müssen, bis sie nur einmal im Geschäft gewesen sei. «Nach zwei Tagen gelang es mir, eine Zahnbürste zu kaufen», erinnert sich Helene Mäder und lacht. Es gelang ihr auch, Papier, Ölfarben und Verdünner zu besorgen. «Mit allem musste ich aber sehr sparsam umgehen.» Denn auch diese Sachen habe es nicht im Überfluss gegeben. Not macht erfinderisch: Helene Mäder bemalte auch die Verdünner-Verpackungen, malte auf Tabakblätter.
Die Künstlerin hatte das Glück, dass sie durch Beziehungen bei Einheimischen leben konnte. In keinem Luxusappartement, sondern in einer Wohnung in einem Haus, an dem wie an vielen der Zahn der Zeit nagt. «Überall an den Häusern bröckelt die Farbe ab», sagt Helene Mäder und zeigt auf ihre gemachten Fotos, auf denen vom Zerfall geprägte Strassenzüge und Häuser zu sehen sind. Malen konnte Helene Mäder auf der Terrasse des Hauses. Von dort aus hatte sie einen herrlichen Ausblick, konnte ein Stück altes Havanna einfangen und auf Papier bringen. Die Sonne habe jeweils auf die Terrasse gebrannt und habe die Farbe schnell – manchmal fast zu schnell – trocknen lassen.
Noch vielschichtiger
Die Havanna-Bilder von Helen Mäder sind nicht knallig bunt. Sie sind mit warmen Farbtönen gestaltet, lassen erahnen, dass sich hinter der Fassade von Havanna Farben «verstecken». Die Kubaner hätten Wärme ausgestrahlt, hätten sie Wärme spüren lassen. Sie ist überzeugt, dass Havanna sie in Sachen Farben einen Schritt weitergebracht habe. «Ich male noch vielschichtiger als früher.»